Personenwagen lfd. Nr. 734*
Seit 28. November 2012 ist der
Schwarzbachbahnverein Besitzer eines besonderen Kleinods sächsischer
Eisenbahngeschichte. Der Kasten eines zweiachsigen Personenwagens aus
der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts konnte im osterzgebirgischen
Clausnitz geborgen und auf das Bahnhofsgelände von Lohsdorf überführt
werden. Hier wurde der hölzerne Wagenkasten mit dem eisernen
Untergestell vor Witterungseinflüssen geschützt untergestellt und wartet
auf den Beginn seiner Aufarbeitung.
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Der
Wagen an seinem letzten Standplatz als Gartenlaube in Clausnitz bei
Rechenberg-Bienenmühle. |
Die
Bergung muss von einer anliegenden Weide aus erfolgen. |
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Das
wertvolle Stück macht sich auf die Reise. |
Auch geländetaugliche Hilfe half auf dem nassen Gras nicht weiter
und so musste ein anderer Weg gefunden werden. |
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Bereits am Tag nach der Ankunft in Lohsdorf setzte Schneefall ein,
welcher den Transport unmöglich gemacht hätte. |
An
diesem Platz wartet der Wagenkasten nun auf seinen Wiederaufbau als
betriebsfähiges Eisenbahnfahrzeug. |
Aus der Geschichte
Nachdem bereits seit 1881 verschiedene
Bauarten von zweiachsigen Personenwagen für die neu gebauten sächsischen
Schmalspurbahnen beschafft wurden, begann im Jahr 1890 die Lieferung
einer Serie von insgesamt 102 Wagen welche unter den laufenden Nummern
731, 734 und 747 im bildlichen Verzeichnis der Wagen der Königlich
Sächsischen Staats-Eisenbahnen aufgelistet waren.
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Wagen 207k der lfd. Nr.
747 in der Lackierung der K.Sächs.Sts.E.B. in Radebeul Ost. |
Die Langträger des
Lohsdorfer Exemplars wurden 1889 von der Königin-Marien-Hütte in
Cainsdorf bei Zwickau gewalzt. Es sind Doppel-T-Träger, ab ca.
Baujahr 1893 waren U-Träger üblich. |
Die drei Nummern unterschieden sich in ihrer
Inneneinrichtung. 16 Wagen (lfd.Nr. 731) waren der zweiten Klasse
zugeordnet und bekamen 18 gepolsterte Sitzplätze. Weitere 8 Wagen (lfd.Nr.
734) besaßen 6 Plätze der zweiten Klasse und 12 Plätze der 3. Klasse
getrennt durch eine Scheidewand mit Schiebetür. Die restlichen 78
Exemplare gehörten komplett der dritten Wagenklasse mit 18
Holzlattensitzen an.
Die
noch vorhandene Scheidewand im Lohsdorfer Wagen mit den Durchbrüchen
um auch im kleinen Abteil etwas von der Ofenwärme zu spüren. |
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Äußerlich unterschieden sich die neuen
Fahrzeuge von ihren Vorgängern durch einen größeren Wagenkasten mit
größeren Fenstern. Das Oberlicht wurde nun auf die volle Länge des
Wagenkastens ausgedehnt und auch erhöht, um für mehr Licht und Luft im
Innenraum zu sorgen.
Beleuchtet wurde der Innenraum zunächst
durch Öllampen, ab 1913 dann durch Pressgasbeleuchtung. Im Winter wurde
ein Sitzplatz ausgebaut und durch einen Ofen ersetzt. Durch den verbreiterten Wagenkasten konnten
die Sitzplätze nun in 2+1 Anordnung quer zur Fahrtrichtung aufgestellt
werden.
Trotz fehlender
Bestuhlung erkennt man an der unsymmetrischen Stirnwand die 2+1
Aufteilung der Sitzplätze im Innenraum. |
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91 der 102 Wagen erhielten Heberleinbremse,
der Rest blieb zunächst ungebremst. Ab 1912 wurden einige Fahrzeuge mit
der Körting-Saugluftbremse ausgerüstet, andere erhielten nur eine
Saugluftleitung. Einige wenige Wagen hatten freie Lenkachsen,
vermutlich handelte es sich vor allem um die ungebremsten Exemplare. Die
restlichen besaßen Einachs-Drehgestelle.
Nachdem ab 1907 vierachsige Wagen mit
Übergangseinrichtung an den Perrons geliefert wurden, erhielten einige
Zweiachser diese Einrichtung, so auch das Exemplar welches nun in
Lohsdorf beheimatet ist.
An diesem Wagenende sind
die umgebogenen Ösen für die Klappe der Übergangseinrichtung noch
vorhanden. Es war das Ende mit der kurzen Trichterkupplung, welche
leider mit der kompletten Zugvorrichtung nicht mehr vorhanden ist. |
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Nachdem ab 1907 die Wagen der lfd.Nr. 711
(unser K373) neue Maßstäbe in Sachen Komfort setzten, erfolgte die
Rückstufung der 2./3.Klasse-Wagen in die dritte Wagenklasse. Ab 1913, es
standen inzwischen auf allen Schmalspurbahnen die modernen Vierachser
zur Verfügung, erfolgte gar die Deklassierung in die 4. Wagenklasse.
Nach dem I. Weltkrieg wurden die kleinen Wagen verstärkt
ausgemustert, der Umzeichnungsplan der DRG enthielt noch ca. 50
Zweiachser unserer Bauserie, welche aber größtenteils in den 20er Jahren
ausgedient hatten. Einige erfuhren noch eine Nachnutzung als Bahndienstwagen, andere
verkaufte man an Eisenbahner als Gartenlauben.
Unser Wagen
*) Die genaue Identität unseres Wagenkastens
ist bis jetzt nicht eindeutig geklärt. Als besonderes Merkmal ist die
Scheidewand, welche den Innenraum in zwei Abteile trennte, noch
vorhanden. Damit kommen 1 Exemplar der lfd.Nr. 731, alle acht Wagen der
lfd.Nr. 734 und einer der lfd.Nr. 747 in Frage. Bei der vorsichtigen
Demontage des Wagenkastens erhoffen wir uns eindeutige Hinweise auf die
genaue Fahrzeugnummer. Vermutlich Anfang der 30er Jahre wurde er vom RAW
Chemnitz an einen Baubetrieb in Chemnitz-Glösa verkauft, von dort
gelangte er Mitte der 80er Jahre nach Clausnitz und diente seither als
Laube. Künftig soll der Wagen im Zustand der 20er Jahre durch das
Schwarzbachtal rollen.
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Heute |
In 5 bis 10
Jahren...
So soll unser Wagen
einmal als besonderes Prunkstück den Schwarzbachbahnzug
bereichern. |
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